Rhenania,
ich bin dabei!
von Christian Edel
ls
ich im Wintersemester 1997/98, aus der Umgebung um Magdeburg, nach Marburg
kam, um hier Betriebswirtschaft, Psychologie und Anglistik (vorher ein Schülerjahr
in den USA) zu studieren, wollte ich mich entsprechend der katholischen
Einstellung meines Elternhauses einer konfessionell gebundenen Gemeinschaft
anschließen.
Der Weg führte mich auf das Wohnheim und Verbindungshaus der Verbindung
katholischer deutscher Studenten Rhenania, die seit 120 Jahren dem Cartellverband
der farbentragenden katholischen Verbindungen (nicht schlagend) angehört.
Ich fand Eingang in eine Gruppe Studenten aus fast allen Fakultäten
in einem 1956 erbauten Haus (ein älteres Verbindungshaus musste 1936
bei der Zwangsauflösung durch die Nationalsozialisten aufgegeben werden)
in Innenstadt-Nähe, aber mit großem Garten und weitem Blick über
die Südstadt.
Diesen jungen Männern (Erstsemester wie auch Examenskandidaten) war
es wie ihren Vorgängern in den vergangenen Jahrzehnten nicht leicht
gefallen, sich in einem überwiegend protestantischen Umfeld im Wettbewerb
mit etablierten Corps, Burschenschaften und Landsmannschaften (fast alle
schlagend) zu behaupten.
ch
fand beim gemeinsamen Mittagessen auf dem Haus (eigene Köchin!) und
abends in der Freizeit einen vielschichtigen Freundeskreis. Dieser war,
wie ich selbst auch, bestrebt eine Lebensgestaltung nach den Prinzipien
der Verbindung „Deo, Patriae, Musis“ zu realisieren, nämlich
Leben im christlichen Glauben, Eintreten für die freiheitliche demokratische
Grundordnung in unserem wiedervereinigten Vaterland im europäischen
Verbund, Streben nach Wissen und Bildung über alle Fakultäten.
ei ruhigen Gesprächen
nach dem Mittagessen bei einer Tasse Kaffee und in oft grösserem Personenkreis
am Abend bei Vorträgen, Festen und Beratungen lernte ich anfangs die
Lebensführung einer zunächst sehr individualistisch eingestellten
Menschengruppe, die in dieser Gemeinschaft geformt wurde und andere formte,
mit Toleranz zu verstehen und später zu beeinflussen. Dies galt insbesondere
für die Semester, in denen ich wie jedes andere Mitglied Verantwortung
und Arbeit für die Gemeinschaft übernehmen musste, was sich vom
Amt des Hauswartes bis hin zum Senior der Verbindung erstreckte. Diese Mehrarbeit
bedeutete für mich gleichzeitig den Verzicht auf Anonymität und
persönlicher Freizeit.
enn ich jetzt bald
mein Studium in Marburg erfolgreich abschließen werde, so bin ich
mir sicher, wird mir die enge Gemeinschaft und der Freundeskreis in Marburg
fehlen; andere Eindrücke in meinem zukünftigem Leben werden mir
aber auch zusätzliche Vergleiche zwischen verschiedenen Lebensformen
gestatten. Ich denke aber auch, dass ich mich in meinem späteren Leben
immer gerne an mein zwangloses Leben als Erstsemester zwischen Speiseraum,
Bibliothek, Fernsehzimmer, Tresen und die unvergesslichen Feiern im Kneipsaal
erinnern werde; ich werde aber auch zurückdenken an den gemeinsam genutzten
Studienraum für Examensgruppen der gleichen Fakultät zur Vorbereitung
auf Klausuren und Zwischenprüfungen.
Aber natürlich auch an meine erste eigene Wohnung auf dem Verbindungshaus,
die sich nicht nur durch einen kostenlosen DSL-Anschluss und eine moderne
Einrichtung mit gemütlicher Kochnische auszeichnete, sondern auch recht
Preisgünstig war. Aber auch in meinem späteren Leben werde ich,
in den örtlichen Zirkeln der Verbindung, die sich von Fulda bis Düsseldorf,
von Berlin bis München organisieren, unseren lebenslangen Freundschaftsbund
pflegen können. Dort zeigt sich dann, dass eine enge Zusammengehörigkeit
während 8 bis 10 Semestern nicht nach dem Examen endet.
ier erfahren Berufsanfänger,
wie auch vorher die Studenten auf dem Verbindungshaus, mit ihren Freundinnen,
Verwandten und Eltern und anderen Gästen etwas, was für den künftigen
Lebens- und Berufsalltag prägend ist: sie sammeln nämlich neben
ihrem Fachstudium Erfahrungen darüber, wie man einen Bund von Persönlichkeiten
organisatorisch, finanziell und vor allem menschlich führt. Sie lernen
dabei auch, wie man in der Öffentlichkeit auftritt, und werden früh
dazu gebracht, rhetorische Erfahrungen zu gewinnen; sie bekommen mehr Selbstbewusstsein.
Darüberhinaus werden die Altherrenzirkel der Rhenania und die örtlichen
Gliederungen des übergeordneten Cartellverbandes helfen, alte Freundschaften
zu erhalten und neue Kontakte über die Generationen hinweg zu begründen.

echts- und Linkextremisten
finden bei der Rhenania weder bei uns Studierenden noch bei den ca. 250
Alten Herren Aufnahme. Gute Nachbarschaft zu den ebenfalls, wie wir, konfessionell
geprägten Verbindungen und zu der Katholischen Studentengemeinde in
Marburg und ihrem Studentenpfarrer ist eine Selbstverständlichkeit.

ertreter zahlreicher
Behörden, Universitäten und Wirtschaftsvereinigungen sind gern
gesehene Referenten bei fakultätsübergreifenden Vorträgen,
zu denen überwiegend öffentlich eingeladen wird. Das gleiche gilt
für Semesterantrittsfeste der Fakultäten, zu denen wir immer alle
Erstsemester einladen. Ich hoffe ich habe mit meinen Ausführungen Euer
Interesse geweckt. Wenn Ihr neugierig geworden seid, dann besucht uns doch
einfach mal auf unserem Haus in der Calvinstraße oder besucht eine
unserer Veranstaltungen auf dem Haus. Wir freuen uns über Euer Interesse!